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Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 10.09.2009
Aktenzeichen: 1 Ss 159/09
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 318 | |
StPO § 327 |
Oberlandesgericht Oldenburg
1.Strafsenat
173 Js 53550/08 Staatsanwaltschaft Osnabrück
Beschluss
In dem Strafverfahren
wegen Diebstahls
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 10. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil der 22. kleinen Strafkammer des Landgerichts Osnabrück vom 4. Juni 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über den Strafausspruch an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Osnabrück zurückverwiesen, die auch über die Kosten der Revision zu entscheiden hat.
Gründe:
Die Angeklagte war vom Amtsgericht Osnabrück mit Urteil vom 29. Januar 2009 wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte Berufung eingelegt. In der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Osnabrück hat sie mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel wie unten näher dargelegt beschränkt. Das Landgericht hat die Berufung mit Urteil vom 4. Juni 2009 verworfen.
Die hiergegen eingelegte Revision der Angeklagten ist zulässig und mit der Sachrüge begründet.
Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben. Seine Gründe sind in Hinblick auf die Strafzumessung unvollständig. Dem Revisionsgericht ist es deshalb insoweit nicht möglich, die ihm obliegende Überprüfung des Urteils auf Rechtsfehler zu Lasten der Angeklagten vorzunehmen.
Zur Strafzumessung enthalten die Urteilsgründe nur den Satz "Die verhängte kurze Freiheitsstrafe von 3 Monaten ist unbedingt erforderlich". Auch die nachfolgenden Urteilspassagen enthalten keine Strafzumessungserwägungen, denn sie beziehen sich nur auf die Frage einer Strafaussetzung zur Bewährung.
Die angeführte, aus einem Satz bestehende Strafzumessungserwägung des Landgerichts ist formelhaft und inhaltsleer. Die Urteilsgründe führen - entgegen § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO - nicht die für die Zumessung der Strafe bestimmenden Umstände an.
Das Landgericht war einer Darstellung der tragenden Strafzumessungsgründe hier nicht nach §§ 327, 318 StPO enthoben, weil die Angeklagte mit ihrer Berufung den Strafausspruch nicht mehr angegriffen hätte. Denn die in der Berufungsverhandlung von der Angeklagten und dem Verteidiger erklärte Beschränkung des Rechtsmittels bezog sich ausweislich des insoweit nach § 274 StPO maßgeblichen Protokolls "auf das Strafmaß, insbesondere auf die Strafaussetzung zur Bewährung". Eine Beschränkung nur auf die Strafaussetzung liegt darin nicht.
Der Umfang einer Rechtsmittelbeschränkung, den das Revisionsgericht auch ohne eine entsprechende Verfahrensrüge und unabhängig von einer Beschwer des die Sachrüge erhebenden Angeklagten zu prüfen hat (vgl. BayObLG NStZ RR 1998, 55), ist durch Auslegung zu ermitteln, vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 318 Rdn. 2, 3 mit weiteren Nachweisen. Eine solche Auslegung führt hier nicht zu einer Rechtsmittelbeschränkung dahin, dass nur die Versagung der Strafaussetzung angefochten worden ist. Die Verwendung des Wortes "insbesondere" legt vielmehr nahe, diesen Punkt nur als einen besonders angesprochenen Teil des gegen den gesamten Strafausspruch gerichteten Rechtsmittelangriffs anzusehen. Das gilt umso mehr, als die Erklärung auch von dem Verteidiger abgegeben wurde, und dies dafür spricht, ihrem differenziertem Wortlaut exakt Rechnung zu tragen, vgl. Meyer-Goßner a.a.O.. In Hinblick darauf ermöglicht auch die nach dem Hauptverhandlungsprotokoll zuvor abgegebene Erklärung des Verteidigers, die Berufung ziele auf eine Strafaussetzung zur Bewährung, keine andere Auslegung der später erklärten Berufungsbeschränkung (vgl. auch OLG Koblenz VRS 71, 446), zumal sich die Zustimmungserklärung der Staatsanwältin nur auf Letztere bezog.
An diesem Auslegungsergebnis vermag auch der vom Verteidiger in seinem Plädoyer gestellte Antrag, das erstinstanzliche Urteil dahin abzuändern, dass die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, nichts zu ändern. Zwischen der Berufungsbeschränkung und diesem Antrag lag die Beweisaufnahme, die bestimmend für den Antrag der Verteidigung gewesen sein kann. Einen tragfähigen Rückschluss auf den Umfang der vor der Beweisaufnahme erklärten Berufungsbeschränkung lässt der Schlussantrag der Verteidigung deshalb nicht zu.
Dieser Antrag kann auch nicht seinerseits als Berufungsbeschränkung aufgefasst werden, weil ihm ein solcher Erklärungsinhalt nicht zu entnehmen ist. Im Übrigen mangelte es insoweit auch an der nach § 303 StPO erforderlichen Zustimmung der Staatsanwaltschaft.
Die dargelegte Unklarheit des Umfangs der Berufungsbeschränkung führt hier allerdings nicht dazu, nach § 318 Satz 2 StPO die Berufung als unbeschränkt und das gesamte Urteil als angegriffen anzusehen. Denn die Beschränkungserklärung lässt - insoweit eindeutig - erkennen, dass der Schuldspruch nicht angefochten werden sollte. So hat dies im Übrigen auch das Landgericht selbst gesehen, das ausgeführt hat durch die "Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß" seien "die im Urteil des Amtsgerichts getroffenen Feststellungen zum Schuldspruch und deren rechtliche Würdigung" rechtskräftig geworden.
Das angefochtene Urteil war auf die - ihrerseits unbeschränkt eingelegte - Revision der Angeklagten aufzuheben und die Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen, die nunmehr - auch unter eingehender Prüfung von § 47 StGB - über den Strafausspruch insgesamt sowie über die Kosten der Revision zu entscheiden hat.
Ende der Entscheidung
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